Für den Bordmechaniker – 20. Lektion
Heft 43/1962
Die in die Vespa-Roller eingebauten elektrischen Anlagen sind Schwunglichtmagnetzündanlagen. Diese Anlagen sind gleichzeitig Schwungrnasse, Licht- und Zündstromerzeuger. Zunächst einige Bemerkungen grundsätzlicher Art zum Aufbau unserer Schwunglichtmagnetzünder und deren Funktionsablauf.
Auf einer Grundplatte sind 3 Spulenanker aufgebaut, nämlich 1 Zündanker und 2 Lichtanker. Ebenfalls auf der Grundplatte aufgebaut sind zwei Unterbrecherkontakte und ein Kondensator.
Über dieser Grundplatte sitzt auf dem Kurbelwellenzapfen das Schwungrad mit Nocken für die Betätigung des beweglichen Unterbrecherkontaktes und dem verstärkten Radkranz, in den die magnetischen Pole eingebaut sind. In den Polrädern der Vespen sind 6 magnetische Pole eingebaut.
Der Zündanker besteht aus zwei Spulen, die über einen Magnetkern gewickelt sind, eine Primärspule und eine Sekundärspule. Die Primärspule ist mit ihrem Anfang direkt und mit ihrem Ende über Unterbrecher und Kondensator mit der Masse der Grundplatte verbunden. Ist die Zündspule aus Konstruktionsgründen außerhalb der Zündanlage verlegt, so tritt auf der Grundplatte anstelle des Zündankers ein Ladeanker, über den die Primärspule versorgt wird.
Der Vorgang bei der Zündung: Da wir auf unserem Polrad 6 Magnetpole haben, wird bei einer Umdrehung des Polrades 6 mal der Spulenanker vom Magnetfeld geschnitten und damit 6 mal eine die Richtung wechselnde Spannung induziert.
Wenn die Pole des Polrades die Polschuhe des Zündankers oder des Ladeankers überbrücken, schneiden die Kraftlinien des Polmagnetfeldes die Windungen der Primärspule. Damit wird die höchste Spannung in der Primärspule erreicht.
Es könnten soviele Zündungen in einer Umdrehung des Polrades stattfinden, als dieses Pole hat. Uns genügt jedoch pro Umdrehung eine Zündung. Also halten wir bei fünf Polwechseln die Unterbrecherkontakte geöffnet. So verhindern wir das Fließen des Primärstromes.
Beim 6. Polwechsel schließen sich die Unterbrecherkontakte. Der Strom fließt durch die primären Windungen. Die Unterbrecherkontakte sollen so lange geschlossen bleiben, bis im
.primären Feld der höchste magnetische Wert erreicht ist. Dies ist dann der Fall, wenn das primäre Feld bereits im Einfluß des nächsten Polradmagnetes steht.
Beim Öffnen der Unterbrecherkontakte bricht das primäre Kraftfeld rasch zusammen. Um dieses Zusammenbrechen zu beschleunigen, ist ein Kondensator parallel zu den Kontakten
geschaltet. Der Kondensator nimmt den Hauptteil des Öffnungsfunkens auf seine Flächen auf. Dieses rasche Zusammenbrechen des primären Stromes hat einen plötzlichen Wechsel der Magnetrichtung zur Folge. Durch diesen raschen Richtungswechsel wird in der sekundären Spule die zur Zündung notwendige hohe Spannung erzeugt.
Wovon ist nun das einwandfreie Funktionieren der Zündanlage abhängig?
- von der ausreichenden Aufmagnetisierung der im Polrad eingebauten Magnete;
- vom Zustand der Unterbrecherkontakte und der richtigen Einstellung derselben;
- vom Zustand des Kondensators. Besonders ist auf die Größenordnung des Kondensators zu achten;
- vom Zustand der Zündspule;
- vom Zustand der Zündkerze.
Zu 1. Wird ein Leiter, zum Beispiel Kupferdraht, von Kraftlinien eines Magnetfeldes geschnitten, so wird in diesem Leiter eine elektrische Spannung induziert (Induktionselektrizität). Je mehr Kraftlinien des Magnetfeldes in der gleichen Zeiteinheit Leiter schneiden, desto höher die Spannungsinduktion. Das magnetische Kraftfeld nimmt mit der Dichte der Kraftlinien zu, die Spannungsinduktion mit der Dichte der Kraftlinien und der Zahl der von diesen Kraftlinien in der gleichen Zeiteinheit geschnittenen Leitern. Eine Windung einer Spule ist gleich ein Leiter, also zum Beispiel 200 Windungen gleich 200 Leiter.
Zu 2. Der Unterbrecher besteht aus 2 Kontakten. Der eine ist feststehend, der andere um eine Achse beweglich. Letzterer trägt in unserem Falle entgegengesetzt vom Kontakt ein Schleifklötzchen aus Fiber. Dieses Fiberklötzchen leitet, wenn es in den Bereich des Nockens kommt, die Öffnung der Kontakte ein.
Im geöffneten Zustand sollen die Kontakte einen Abstand von 0,4 mm haben. Die Kontakte bestimmen den Zeitpunkt des Abrisses, also den Zeitpunkt des Zündfunkens. Kontakte sind Verbrauchsteile. Der größte Verbrauch tritt bei Versagen des Kondensators auf.
Auswechseln und neu einstellen der Unterbrecher geschieht am besten beim Vespa-Service.
Zu 3. Der Kondensator soll die Spannung des Öffnungsfunkens an den Unterbrechern aufnehmen und diese Spannung so lange halten, bis die Spannung der Primärspule niederer ist als die Spannung auf dem Kondensator. Er darf in seiner Kapazität weder zu groß noch zu klein gewählt werden. Ist er zu groß, nimmt er zu viel auf und ist er zu klein, nimmt er zu wenig auf. In beiden Fällen bedeutet dies eine Schwächung des Zündfunkens. Schäden an Kondensatoren treten meist durch äußere mechanische Einflüsse auf. Sonst sind richtig gewählte Kondensatoren langlebig.
Keine Reparaturmöglichkeiten, nur auswechseln.
Zu 4. Die Zündspule soll die Aufgabe übernehmen die Spannung von 6 Volt auf ca, 12000-15 000 Volt zu transformieren. Mängel an Zündspulen sind meist Isolationsschäden. Die Ursachen sind in Überhitzungen oder Feuchtigkeitseinflüssen zu suchen. Vergißt man bei Batteriezündung (in unserem Falle bei GS) diese abzuschalten, so treten durch dauernden
Stromfluß Überhitzungen auf. .
Schäden an Zündspulen beim Vespa-Service feststellen lassen. Keine Reparaturmöglichkeiten, nur auswechseln.
Zu 5. Um einen ausreichenden Funken zwischen den Elektroden zu erhalten, soll der Elektrodenabstand auf 0,6 mm eingestellt werden,
Häufig ist das sogenannte Patschen bei Fehlzündungen auf zu großen Elektrodenabstand an der Zündkerze zurückzuführen. Sind die Elektroden noch nicht zu stark abgenützt, so hilft nachstellen.
Zu geringe Elektrodenabstände fördern die Fadenbildung zwischen den Elektroden. Reinigen und Nachstellen hilft meistens. Aber auch die Kerze ist ein Verschleißteil.
Der Zündfunke nimmt beim Wechselstrom mit der Steigerung der Drehzahl an, Stärke zu. Es ist also beim Antreten des Motors ein wohl ausreichender aber trotzdem schwächerer Funke da. Bei hohen Drehzahlen wird der Zündfunke kräftiger. Denn mit Zunahme der Drehzahl werden in der gleichen Zeiteinheit mehr Leiter von mehr magnetischen Kraftlinien geschnitten und damit eine höhere Spannung induziert.
Der im Schwunglichtmagnetzünder erzeugte Wechselstrom wird über einen Gleichrichter als Gleichstrom in die Batterie geschickt. Aus dieser Batterie wird dann die Primärwicklung der Zündspule mit einem Gleichstrom versorgt.
Soweit das Zündsystem.
Die konstruktive Ausführung bei den einzelnen Typen ist verschieden.
a) Die Vespa Touren 125 ccm: Bild 1, Bild 2
Hier ist der Zündanker auf der Grundplatte des Schwunglichtmagnetzünders aufgebaut. Man spricht von einer innen liegenden Zündspule (1). Parallel dazu geschaltet das Unterbrecherpaar (2), der Unterbrecherhebel (3) am einen Ende die Kontaktplatte (4), am anderen das Fiberklötzchen (5), das am Nocken des Polrades (6) anliegt. Der Schmierfilz (7), durch den der Nocken fett gehalten wird, um einen möglichst geringen Verschleiß des Fiberklötzchens zu haben. Der feststehende Kontaktträger (8). Die Polschuhe der Spulenanker (9). Ferner zwei Lichtanker (10), wovon der eine gleichzeitig die Ladung der Batterie mit übernimmt. Auf dem Rotor der Schwungradnocken (6) und die sechs Magnetpole (11).
b) Die Vespa Touren 150 T/4: Bild 3, Bild 4, Bild 5
Hier ist auf der Grundplatte anstelle des innen liegenden Zündankers ein Ladeanker (15) aufgebaut. Die Zündspule ist nach außen verlegt und am Motorengehäuse befestigt. Wann eine Zündspule nach außen verlegt werden soll, überlassen wir dem Konstrukteur des Motors. Die Gründe dafür liegen in den Raumverhältnissen und in der Isoliermöglichkeit der einzelnen Spulen, besonders der sekundären, die wiederum durch Wärmeentwicklung beeinflußt wird.
Auch bei der außenliegenden Zündspule ist parallel zu dieser das Unterbrecherpaar (2) und der Kondensator (13) geschaltet.
c) Die Vespa GS 150/3: Bild 6, Bild 7, Bild 8
Bei dieser Type ist von der Magnetzündung abgegangen worden. Es wird der Zündstrom aus der Batterie entnommen.
Dadurch wurde erreicht, daß bei niederen Drehzahlen ein ausreichend starker Funke entwickelt wird. Dies macht sich besonders beim Starten des Motors bemerkbar. Der Zündstrom wird über einen Voll weg-Gleichrichter (19) zur Batterie geführt. Durch den Gleichrichter wird die im Schwunglichtmagnetzünder induzierte Wechselspannung zur Gleichspannung gerichtet.
Für den Gleichrichter ist besonders zu beachten, daß die GS nie ohne Batterie gefahren werden darf. Schaltet man nämlich die Batterie ab, dann treten auf dem Gleichrichter Spannungshöhen auf bis zum zwanzigfachen der Nennspannung. Dadurch übermäßige Erwärmungen, die zu Kurzschlüssen führen. Auch wenn die Batterie nicht mehr ladefähig ist, muß mit den gleichen Beschädigungen des Gleichrichters gerechnet werden.
Auch bei dieser Anlage ist Unterbrecherpaar (2) und Kondensator (13) parallel zur primären Wicklung der Zündspule geschaltet.
Aus der Lichtmaschine führen zwei Kabel zum Gleichrichter, ein Kabel vom Unterbrecher zur Zündspule.
Bild 1: 1 Zündanker = innen liegende Zündspule, 2 Unterbrecherpaar, 3 Unterbrecherhebel oder Hammer, 4 Kontaktplatte, 5 Fiberklötzchen, 6 Nocken am Polrad, 7 Schmierfilz, 8 fester Kontaktträger oder Amboß, 9 Polschuhe, 10 Lichtanker, 11 Magnetpole, 12 Kabel zur Zündspule, 13 der Kondensator. – Bild 2: 1 Zündspule, 2 Rotormarke, 3 Unterbrecher, 4 Kondensator, 5 Zündkerze, 6 Kurzschließer. – Bild 3: 15 Ladeanker, 16 Kabel zur außen liegenden Zündspule.
Bild 4: 17 außen liegende Zündspule, 18 Anschlußkabel aus der Lichtmaschine und vom Kurzschlußknopf. – Bild 5: 1 Anker der Lichtmaschine, 2 Zündspule, 3 Rotornocke, 4 Unterbrecher, 5 Kondensator, 6 Zündkerze, 7 Kurzschließer. – Bild 6 und 7: 19. Gleichrichter. Bild 8: Lade- und Lichtanker.